25
Juni
2024
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Geschenkte Freundschaft.

Hat man jemals genug Freunde? Ich dachte, ja, habe mich aber getäuscht. Neben den dekade-alten, gemeinsam durch-littenen und -gefeierten Beziehungen, bringt jede Lebenszeit auch Chancen für frische Freundschaften. Wenn ich mich limitiere, dann meistens, weil ich keine Energie habe. Doch das Leben sprengt meine fixen Vorstellungen, eröffnet ein neues Powerkonto und überrascht mich mit wundervollen Begegnungen, wo ich sie niemals vermutet hätte. Danke für das.

Ich schreibe lange Texte. Meistens sind sie wie geschenkt schon da und ich muss sie nur noch herunter schreiben. Manchmal muss ich mich durch Schichten und Schichten von sprachlichen Sedimenten kämpfen, bis ich zu einer einfachen Quintessenz komme. Oft so einfach, dass man sie als Leser gar nicht als wichtig verorten kann. Schreiben ist für mich ganz allein  ein schicksalshafter Weg.

So ein Text über meine Zeit nach der Brustkrebs-OP, in dem ich ganz am Schluss spontan geschrieben habe, dass ich es tröstlich finde, dass meine beiden Brüste schon auf der «anderen Seite» sind, hat auf Facebook herzerschütternde Reaktionen bekommen. Ich bin schon sehr happy mit der einfachen Art von FB-Interaktion: Ich schreibe, du schreibst mir zurück. Aber dieses eine Mal habe ich nachgefasst auf Messenger und habe mit Kate Isler angefangen zu schreiben, um dann zu telefonieren. Grad ein paar Stunden lang.

Eine Werberin, Basler Dialekt, präzis formuliert. Temperament und Intellekt und Leidenschaft und grosser Mut. Von diesem ersten Gespräch sind mir geblieben: «Du bist nicht allein mit deinem Kampf, den besten Weg für deinen Brustkrebs zu suchen.» «Ah, Deine Mutter ist auch daran gestorben.» Und «Wow, du hast mit 17 auf einem spirituellen, feministischen Frauenland in Oregon gelebt und ich will ein Hexenbulletin schreiben.“

Kate Isler ist ein Unternehmergeist wie ich. Als Vertreterin der visuellen Talentseite, hat sie die legendäre Zeit in der GGK Basel mitgemacht, um dann eine Auszeit in Australien auszuprobieren. Mit ihr komme ich in Kontakt mit neuen Begriffen wie Nukleus Prozess und Doppelte Amazonin. Ihre jüdische Mutter war ein Resilienzwunder wie meine auch. Ihre Eltern atypische Emigranten, ein verdächtiges Elternhaus mit vielen Feiern und künstlerischem Ambiente. Anders als bei meinen Eltern mit der Obsession für süditalienisches Essen, das grosse Schwarzenbach-Drama und die katholische Strenge.

Kate hat kürzlich ihre 5-Jahresmarke nach ihrer OP überschritten. Sie hat sich am Anfang ihrer Odyssee ein Pferd geleistet, Eagle. „Als ich letzthin den Wagen mit dem Anhänger aus dem Schlamm gefahren habe, um sie einzuladen, hat sie mich aus der Ferne im Auto gesehen und für eine Splittersekunden sagte ihr Blick: Fahr nicht weg ohne mich. Jetzt haben wir wirklich eine Beziehung.“ Diese kleine grosse Beobachtung hat mich gerührt. Und steht für Kates Credo von „Im  Raum und Zeit stehen“.

Der Aufbau der Pferd-Beziehung hat fünf Jahre gedauert. Ich war Fan von Kate vom ersten Moment an, als ich ihren FB-Kommentar gelesen habe. Meinen Balken für das Hexenbulletin hat sie designt. Sie hat meinen Input beim Briefing sofort verstanden. Denn ich habe die Karte von Kew Gardens am Bahnhof Herrliberg-Feldmeilen gefunden und den Text darin auf meine Situation bezogen. Die Sprache des Lebens ist schöpferisch!

1 Response

  1. Leidenschaftlich, präzis, tiefgehend, berührend. Du erkennst mich. Danke.
    Auf das Leben im Jetzt, verstärkt durch Krebs-Bewusstsein, auf unsere Freundschaft.

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